OLG München zu Modernisierungsankündigung und Musterfeststellungsklage
Mit Urteil von 15. Oktober 2019 hat das OLG München entschieden, dass eine Modernisierungsankündigung, die etwa ein Jahr von Beginn der geplanten Maßnahme erfolgt, verfrüht ist. Die Ausübung der Mieterrechte sei nur dann ordnungsgemäß möglich, wenn die Ankündigung der Modernisierungsmaßnahmen in engem zeitlichem Zusammenhang mit dem geplanten Baubeginn erfolge. An diesem Zusammenhang fehle es, wenn zwischen Ankündigung der Modernisierungsmaßnahmen und dem geplanten Baubeginn eine solch lange Zeitspanne liege.
Dem Urteil liegt die bundesweit erste Musterfeststellungsklage im Mietrecht zu Grunde. Der Vermieter einer größeren Wohnanlage in München Schwabing kündigte mit Schreiben vom 27. Dezember 2018 Modernisierungsmaßnahmen an, die wegen ihres massiven planerischen Vorlaufs, erst im Zeitraum von Dezember 2019 bis Juni 2023 durchgeführt werden sollten. Ziel der Maßnahmen sollte laut Schreiben des Vermieters, die Einsparung von Energie, aber auch die Erhöhung des Wohnwertes aller Wohnungen in der Wohnanlage sein.
Der Mietverein begehrte in seiner Musterfeststellungsklage festzustellen, dass das ab dem 1. Januar 2019 und nicht das bis zum 31 Dezember 2018 geltende Recht auf die Mieterhöhung anzuwenden ist. Diese Feststellung war für die betroffenen Mieter deshalb wesentlich, da nach der ab dem 1. Januar 2019 geltenden Gesetzesfassung, nicht wie bisher 11 % der Modernisierungskosten, sondern nurmehr 8 % auf die von der Maßnahme betroffenen Mieter umgelegt werden können. Zudem erhält die neue Gesetzesfassung in § 559 Abs. 3a BGB eine Kappungsgrenze für mit der Sanierung verbundene Mieterhöhungen bei zwei, bzw. drei Euro pro Quadratmeter.
Das OLG München bewertete die Musterfeststellungsklage in allen wesentlichen Punkten als begründet.
Die verfrühte Ankündigung der Modernisierungsmaßnahmen führe zu einer Aushöhlung des außerordentlichen Kündigungsrechts des Mieters nach § 555e BGB, denn mehr als ein Jahr vor Beginn der Modernisierungsmaßnahme sei es dem Mieter nicht zumutbar, unter Berücksichtigung seiner aktuellen Lebenssituation eine Entscheidung über sein außerordentliches Kündigungsrecht zu treffen.
Zudem stelle die verfrühte Ankündigung der Modernisierungsmaßnahme einen Verstoß gegen § 555c BGB dar, mit der Folge, dass auf die Modernisierungsmaßnahme nur die ab dem 1. Januar 2019 geltende Gesetzesfassung Anwendung finden darf. Dies hat zur Folge, dass die Mehrzahl der betroffenen Mieter sich auf Mieterhöhungen von höchstens drei Euro pro Quadratmeter einstellen müssen. Bei Anwendung der alten Gesetzesfassung, hätte die Mietsteigerung zwischen fünf und 13 Euro betragen.
Die Musterfeststellungsklage gibt es in Deutschland erst seit November 2018. Seither kann ein Verband stellvertretend für Verbraucher klagen. Die mit der Klage verbundenen Prozessrisiken trägt der klagende Verband.
Das Gericht hat die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen.