LG München I vom 05.10.2020 – Behördlich angeordnete Schließungen der Geschäftsräume infolge der Corona-Pandemie rechtfertigen eine Vertragsanpassung
Das LG München I hat mit Urteil vom 05.10.2020 – Az. 34 O 6013/20 entschieden, dass behördlich angeordnete Schließungen der Geschäftsräume infolge der Corona-Pandemie eine Vertragsanpassung gemäß § 313 Abs. 1 BGB rechtfertigen.
Mit Mietvertrag vom 13.10.2011 mietete die Beklagte von der Klägerin Räume zur Nutzung als Galerie für künstlerische Fotografien an. Die vermieteten Räumlichkeiten waren aufgrund der Allgemeinverfügung der Bayerischen Staatsministerien für Gesundheit und Pflege sowie für Familien, Arbeit und Soziales vom 16.03.2020 in der Zeit zwischen dem 18.03. und dem 26.04.2020 geschlossen. Für die Monate April bis Juni 2020 zahlte die Beklagte keine Miete. Die Beklagte war der Meinung, dass aufgrund der besonderen Umstände eine Anpassung des Vertrags jedenfalls für die Zeit der Schließung anwendbar ist, da ihr ein Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zumutbar ist.
Das LG München ist der Auffassung der Beklagten teilweise gefolgt und hat entscheiden, dass der Vertrags nach den Grundsätzen der Störung der Geschäftsgrundlage gemäß § 313 Abs. 1 BGB anzupassen ist und hat die Vertragsanpassung so vorgenommen, dass die Miete für eineinhalb Monate um die Hälfte reduziert werden musste.
Hierzu im Einzelnen:
Nach den Ausführungen des LG München I ist der Anspruch des Klägers auf Zahlung der Miete gemäß § 313 BGB anzupassen:
Eine schwerwiegende Veränderung der Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, liegt nach Ansicht des Gerichts in der vollständigen behördlichen Schließung der gemieteten Räume. Die vollständige Schließung der Geschäftsräume haben die Parteien erkennbar nicht in die Grundlage ihres Vertrags mit einbezogen. Des Weiteren geht das Gericht davon aus, dass die Schließung der Geschäftsräume nicht im Risikobereich des Mieters steht. Es wurde nicht etwa eine Schließung seitens der Behörde angeordnet, weil Umstände in der Person des Gewerbetreibenden vorliegen, die dessen Zuverlässigkeit anzweifeln würden, oder dass die Räume zu dem Gewerbe, das der Mieter durchführt, nicht geeignet wären. Vielmehr liegt eine Allgemeinverfügung vor. Es mussten sämtliche Geschäfte – mit einzelnen Ausnahmen – in dem Zeitraum vom 18.03.2020 bis 26.04.2020 im Freistaat Bayern schließen. Ein solches Risiko hat nach dem Vertragstext keine der Parteien übernommen.
Auch eine Ausweichmöglichkeit der Beklagten, etwa durch einen Onlinehandel für die Kunstfotografien, hat das Gericht nicht in nennenswertem Umfang gesehen. Darüber hinaus wollte das LG München auch nicht danach unterscheiden, ob einem mietenden Unternehmen infolge der Schließung die Insolvenz droht oder nicht. Das LG München hält die vollständige Schließung der Geschäftsräume aufgrund der Allgemeinverfügung im vorliegenden Fall für eine unzumutbare Beeinträchtigung des Geschäftsbetriebs der Beklagten und hält es daher für gerechtfertigt, dass Vermieter und Mieter gleichermaßen in solidarischer Weise dieses Risiko tragen. Dabei – so führt das LG München weiter aus – verkennt es dabei nicht, dass auch den Kläger als Vermieter keinerlei Risiko im Zusammenhang mit einer Schließung der Geschäftsräume im Rahmen einer Allgemeinverfügung des Freistaats Bayern übernommen hat. Mit dieser Lösung so führt das Gericht aus, trägt es den berechtigten Interessen der beiden Parteien Rechnung. Das Gericht hat insgesamt eineinhalb Monate zugrunde gelegt, obwohl die Schließung etwas kürzer ausgefallen ist. Hierbei wurden jedoch die besonderen Umstände vor Schließung und nach Wiedereröffnung mit berücksichtigt.