Bundestag beschließt Regelung zu Gewerbemieten
Der Bundestag hat nunmehr ein Gesetz auf den Weg gebracht, das klarstellt, wie es sich auf die Mieten auswirkt, wenn Einzelhandel-, Café- oder Hotelinhaber im Corona-Lockdown schließen müssen. Seit Beginn der Corona-Pandemie war zwischen Vermietern und Mietern strittig, wie sich die aus behördlichen Nutzungsuntersagungen folgende eingeschränkte Nutzbarkeit von Mietobjekten auf die Mietzahlungspflicht auswirkt. Das Landgericht München hielt eine Mietanpassung für notwendig und geboten. Das Landgericht Heidelberg und das Landgericht Zweibrücken lehnte eine Anpassung hingegen ab, da der Mieter das Verwendungsrisiko der Mietsache trage.
Um dieser Ungewissheit entgegen zu treten, hat der Bundestag nunmehr zwei wesentliche Regelungen im Rahmen des Gesetzes zur Anpassung der Restschuldbefreiung beschlossen. Der neu in Art. 240 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch (EGBGB) eingefügte § 7 regelt die Vermutung, dass sich ein Umstand im Sinne des § 313 Abs. 1 BGB, der zur Grundlage des Mietvertrags geworden ist, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert hat, wenn vermietete oder verpachtete Räume, die keine Wohnräume sind, infolge staatlicher Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie für den Betrieb des Mieters nicht oder nur mit erheblichen Einschränkungen verwendbar sind. Diese Vermutung gilt für alle Gewerbe-, Raum- und Grundstückmietverhältnisse mit Ausnahme von Wohnraummietverhältnissen und ist auch rückwirkend auf den ersten Lockdown anwendbar.
Grundsätzlich besteht die Regelung des § 313 BGB aus drei Elementen. Die Änderung der wesentlichen Umstände (1. Element), die abweichende Regelung bei Kenntnis der Parteien (2. Element) und die Unzumutbarkeit für eine der Parteien am Vertrag festzuhalten (3. Element). Der neu eingefügte § 7 regelt dabei die Vermutung, dass sich mit den Auswirkungen der behördlichen Pandemiemaßnahmen ein Umstand wesentlich verändert hat, der zur Grundlage des Mietverhältnisses geworden ist und umfasst damit nur das 1. Element des § 313 BGB. Eine Regelung hinsichtlich des 2. und 3. Elements ist von dieser Neuerung nicht umfasst, sodass nach wie vor vom Mieter darzulegen und zu beweisen ist, dass die Parteien bei Kenntnis der Corona-Pandemie und der damit einhergehenden Folgen eine abweichende Regelung getroffen hätten und es für den Mieter unzumutbar ist, weiterhin am Vertrag festzuhalten.
Auch trifft der neu eingefügte Art. 240 §7 EGBGB keine Regelung über die Rechtsfolge der gestörten Geschäftsgrundlage. Es ist demnach den Parteien überlassen, eine Anpassung auszugestalten. Ob diese Anpassung über eine Minderung, eine Stundung oder einen Erlass geregelt wird, ist einzelfallabhängig.
Die neue Regelung bezweckt daher letztlich nur einen „Verhandlungsanstoß“ und stärkt die Verhandlungsposition der Mieter. Es ist aber noch eine Einzelfallabwägung, ob im jeweils konkreten Fall etwa von einer Unzumutbarkeit des Festhaltens am Vertrag auszugehen ist und wie genau die Rechtsfolge und damit eine Anpassung des Vertrages ausgestaltet wird. Wir rechnen damit, dass das Gesetz in Kürze in Kraft tritt.
Bei dem Abschluss von Neuverträgen sollte beachtet werden, dass den Parteien inzwischen das Risiko einer Pandemie bewusst ist und die Folgen daher entsprechend zu regeln sind, da es andernfalls dem Mieter verwehrt sein könnte, sich auf die nun gesetzlich normierte Vermutung einer Störung der Geschäftsgrundlage zu berufen. Aus diesem Grunde sollte daher bei dem Abschluss neuer Gewerbemietverträge aus Sicht des Mieters eine Pandemieklausel, gleich in welcher Form in den Vertrag aufgenommen werden. Aus Sicht des Vermieters empfiehlt es sich hingegen, auf eine Pandemieklausel zu verzichten. Darüber hinaus hat der Bundestag eine weitere Regelung beschlossen: Im Einführungsgesetz zur Zivilprozessordnung (EGZPO) wurde durch § 44 ein Vorrang- und Beschleunigungsgebot eingeführt. Demnach sind Verfahren über die Anpassung der Miete oder Pacht bei Gewerberaummietverhältnissen bzw. Gewerberaumpachtverhältnissen vorrangig und beschleunigt zu behandeln, indem ein früher erster Termin nunmehr spätestens einen Monat nach Zustellung der Klageschrift stattfinden soll. Wir rechnen damit, dass auch dieses Gesetz in Kürze in Kraft tritt.